SONNTAG NACHMITTAGS AUF ST.PAULI – EINE MACHTDEMONSTRATION DER POLIZEI?

Mit einem massiven Aufgebot ging die Polizei am vergangenen Sonntag in den Spieltag FCSP gegen Hansa, der ganze Stadtteil war voll von diversen Einsatzfahrzeugen – von Wasserwerfer bis Räumpanzer war alles dabei. Das Narrativ des „Hochrisikospiels“ wirkte. So hatte schon im Vorfeld eine sogenannte Polizeigewerkschaft mit ihrer populistischen Veröffentlichung für mediale Aufmerksamkeit gesorgt und potentielle Dokumentationen von Polizeigewalt als „Folklore der Fanverbände“ diffamiert. Dass am Spieltag zahlreiche Polizist:innen ohne die in Hamburg gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnungspflicht unterwegs waren, ging in der Menge fast unter und wird von der Polizei Hamburg nur knapp kommentiert: Verstärkungskräfte bräuchten keine Kennzeichnung. Im massenhaften Auftreten von Verstärkungskräften ohne Kennzeichnung wird der Zweck der Kennzeichnungspflicht selbst allerdings unterlaufen, wie Deniz Celik (DIE LINKE) richtig feststellte.

Besonders „eindrucksvoll“ präsentierten sich die Polizei gleichwohl am Gästeblock. Zur Einlasssituation waren wir als Fanhilfe FCSP ebenfalls vor Ort, um das Geschehen zu begleiten.
Der sowieso schon enge Einlassbereich wurde von der Polizei durch massive Kräfte weiter unnötig verengt. Dadurch, dass die große Menge der Hansa Anhängerschaft durch die sehr lang andauernden Kontrollen über lange Zeit auf engstem Raum standen, kam es zu gelegentlichen Schubbewegungen der Menge. Die Polizei wertete diese sofort als Durchbruchsversuch und reagierte wenig deeskalierend u.a. mit dem Ziehen von Ketten und der Positionierung von Hunden, wie das Video belegt.
Inwiefern aggressiv geladene Hunde deeskalierend wirken sollen, erschließt sich uns nicht. Durch die Hunde wurden Einsatzkräfte, Ordner:innen und Fans lediglich unruhiger, die Stimmung angespannter.

Diese Einsatztaktik ist unserer Ansicht nach als ein weiterer Einschüchterungsversuch gegenüber Fußballfans und als klare Machtdemonstration zu verstehen! Eine Einsatztaktik, die im Verlauf schlussendlich dazu führte, dass mehrere Personen aufgrund medizinischer Notfälle aus der Menge gezogen werden mussten, viele Personen auf engstem Raum eingequetscht standen und am Ende die Tore geöffnet werden mussten, um schwerere Verletzungen zu verhindern, ist ein klarer Beweis dafür, dass viel Polizeipräsenz Probleme eher verschlimmern als verbessern kann. Der polizeilichen Darstellung der Ereignisse am Einlass des Gästeblocks widersprechen wir daher vehement! Anstatt, wie nun bereits vom Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns geschehen, das „Bremer Modell“ zu fordern (bei dem Fußballvereine selbst für Polizeikosten von „Hochrisikospielen“ aufkommen sollen), stellen wir lieber die Frage der Verhältnismäßigkeit: in welchem Szenario hätte es am Wochenende 4-6 Wasserwerfer gebraucht? Das polizeiliche Selbstverständnis an diesem Tag zeigte sich sinnbildlich im gemeinsamen Gruppenfoto vor dem Stadion, dort hatte man vor Wasserwerfern martialisch posiert.

Polizeiliche Verhältnismäßigkeit muss auch für Gästefans gelten, egal ob der Gegner Rostock oder Sandhausen heißt.

Braun-Weisse Hilfe | (erstveröffentlicht) Februar 2023