Sieg für Sankt Pauli Fans – ‚Bielefelder Kessel‘ rechtswidrig

Im November 2018 kesselte die Polizei Bielefeld knapp 300 Fans des FC Sankt Pauli über Stunden hinweg. Den Betroffenen wurde u.a. der Zugang zu Getränken, zu Speisen, zum WC usw. verwehrt [PM]. Im Jahr 2020 hatten wir als Braun-Weisse Hilfe angekündigt, die Betroffenen weiter zu unterstützen und der Einsatzleitung aus Bielefeld keine Ruhe zu lassen.Wir unterstützten zwei Kläger:Innen aus der Fanszene, bei ihrer Klage gegen die Einkesselung. Nun ist auch dieses Verfahren endlich abgeschlossen worden – zu unserem vollen Erfolg!

Schlussendlich räumte die Polizeidirektion Bielefeld ein, dass die Ingewahrsamnahme der beiden Kläger:innen im Anschluss an die Identitätsfeststellung, rechtswidrig war!

Die Bewertung des Ausgangs möchten wir gerne teilen: Die beiden Verfahren dokumentieren einmal mehr rechtswidrige Polizeimaßnahmen gegen Fußballfans in Nordrhein-Westfalen. Dabei wurde jetzt deutlich, dass sich Bundespolizei und Landespolizei von Anfang an in ihrem repressiven Vorgehen gegen die Fanszene abgestimmt hatten. Die Maßnahmen liefen erkennbar von Beginn an auf eine faktische Ingewahrsamnahme heraus.  Die rechtlichen Voraussetzungen hierfür lagen dabei zu keiner Zeit vor! Letztverantwortlich für den  Kessel war das Land NRW. Der Versuch der Bielefelder Polizei, zu leugnen, dass es überhaupt einen Kessel gab, und sie rechtlich verantwortlich ist, ist somit gescheitert. Dies musste die Polizei nun auch offiziell einräumen. Die beiden konkreten Klagen und die Stellungnahmen während des Prozesses der Bielefelder Polizei, betreffen hier zwar lediglich zwei Personen, die Verfahren wurden jedoch exemplarisch geführt. Aufgrund des einheitlichen Vorgehens (Maßnahmen ab 14 Uhr unterschiedslos gegen Alle) dürften letztlich alle 300 Ingewahrsamnahmen rechtswidrig gewesen sein!

Ebenso hat sich gezeigt, dass die Anwendung pauschaler Kategorisierung, wie sie im Fußball seitens der Polizei gerne genutzt werden, etwa in der Kategorisierung  A, B und C, auch hier wieder nicht polizeirechtlichen Vorgaben entsprachen. In der Praxis führen und rechtfertigen diese schlussendlich rechtswidrige polizeiliche Maßnahmen. Auch die Rolle der sogenannten Szenekundigen Beamten ist hier von besonderem Interesse . Durch ihre Beurteilung der Situation haben sie maßgeblich dazu beigetragen, dass dieses repressive und offenkundig rechtswidrige Vorgehen der Polizei Umsetzung fand und niemand ab 16 Uhr mehr die Chance hatte, individuell abzureisen. Der Verfahrensausgang ist ein großartiges Ergebnis im Kampf gegen Repression – es zeigt, dass es lohnt zu kämpfen und sich für Fanrechte stark zu machen!

Gleichwohl ist es in erster Linie ein symbolischer Sieg,  denn Regressansprüche für die Betroffenen ergeben sich derzeit noch nicht. Auch bei der Polizei sind keine Konsequenzen zu erwarten, was annehmen lässt, dass sich ein solches rechtswidriges Verhalten wiederholen wird. Hier zeigt sich wieder einmal, wie wichtig ein solidarisches Miteinander ist – das gilt konkret vor Ort, aber auch im Nachgang. Auch sieht man hier die Notwendigkeit unabhängiger Ermittlungsbehörden zur Aufklärung polizeilichen Fehlverhaltens

Abschließend möchten wir uns besonders den beiden Kläger:innen und ihren Rechtsbeiständen bedanken, die es sich gemeinsam zur Aufgabe gemacht hatten, das Vorgehen der Cops nicht unwidersprochen zu lassen – Danke! Ein Dank gilt auch dem Verein! 

Sankt Pauli hält zusammen!

Braun-Weisse Hilfe & Fanladen St. Pauli | Januar 2022

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