Für viele Fußballfans beginnt der eigentliche Spieltag nicht erst mit dem Anpfiff, sondern bereits viele Stunden vorher. So auch auf St. Pauli, wo sich zahlreiche Fans weit vor Spielbeginn in ihrem Viertel treffen, um sich gemeinsam auf das Spiel einzustimmen. Ein Teil dessen ist der gemeinsame Spaziergang zum Stadion. Auf dem Weg kreuzen zahlreiche Fans dabei die Budapester Straße, um auf kürzestem Wege zu den Eingängen zu gelangen. Eine Praxis, welche seit über 20 Jahren so gehandhabt wird und bisher nie zu Problemen mit der Polizei führte. Das Ende der abgelaufenen Saison stellt hierbei allerdings einen Wendepunkt dar!
Beginnend mit dem Abendspiel des FC St. Pauli gegen den SV Darmstadt 98 am 23.04.2022 um 20:30 Uhr, wollte die Hamburger Polizei von dieser Handhabung nichts mehr wissen. Die Fans wurden auf ihrem Weg zum Stadion aufgestockt und es wurde ihnen ein Überqueren der Budapester Straße verwehrt. Hierbei agierte die Polizei sehr hitzig und aggressiv, was sich negativ auf die friedvolle Stimmung der St. Pauli Fans auswirkte. Neben Schlagstöcken setzten die Polizist:innen auch massiv Pfefferspray ein. Dieses rabiate und unvorhersehbare Verhalten seitens der Hamburger Polizei führte unter Teilen der betroffenen St. Pauli Fans zu einem panischen Verhalten. Das stets friedliche, gemeinsame Spazieren zum Stadion wurde versucht aggressiv zu unterbinden, wobei zahlreiche Fans im Nachgang über Verletzungen und Unwohlsein klagten.
So berichtet ein Fan:
„Ich laufe auch immer über die Budapester Straße mit, das ist einmal quer rüber und hat bisher nie Probleme gemacht. Jetzt wollte die Polizei uns Fans ohne Ankündigung plötzlich daran hindern und ist uns richtig doll angegangen. Die Fans waren natürlich alle überrascht und wussten nicht, was das soll. Die Leute haben wohl auch richtig doll was abbekommen, da wurde ganz viel Pfeffer eingesetzt und Leute wurden mit Schlagstöcken attackiert.“ Ähnliche Situationen rund um das Millerntor ergaben sich an den Spieltagen gegen Fortuna Düsseldorf und den 1. FC Nürnberg. Verletzt wurden hier insbesondere jugendliche Fans des FC St. Pauli.
Unserer Ansicht nach vollzieht die Polizei Hamburg hier einen grundlegenden Strategiewechsel. Der bisherige deeskalative Ansatz, im Umgang mit der Fanszene des FC .St. Pauli an Heimspieltagen, scheint passé. Vielmehr setzt man auf Eskalation und schreckt dabei nicht vor verbaler und physischer Gewalt zurück.
War es in der Vergangenheit durchaus üblich, dass die Polizei in ihrer Präsenz an Heimspieltagen zurückhaltend auftrat oder den Autoverkehr auf der Budapester Straße nach Abpfiff sperrte, so ist dieses offenbar (polizei)politisch nicht mehr gewollt. Über die Gründe kann an dieser Stelle nur spekuliert werden. Auffällig ist jedoch, dass der langjährige Dienstellenleiter des zuständigen Polizeikommersariats 16, Reuter, zum Januar 2021 ersetzt wurde. Mit dem neuen Dienstellenleiter Ohlmeyer und seiner Vertretung Grützmacher scheint es jetzt, nach coronabedingten „Geisterspielen“, einen Versuch der „Neuaushandlung“ zu geben. Aussagen der eingesetzten Polizist:innen wie: „Wir machen hier die Regeln“, lassen zumindest darauf schließen.
Als Braun-Weisse Hilfe fordern wir die Polizei Hamburg, und hier explizit die Verantwortlichen Ohlmeyer und Grützmacher dazu auf, dieses eskalative Auftreten zu unterlassen! Fans sind kein Freiwild! Und die Bewegungsfreiheit Aller sollte im Stadtteil eine Selbstverständlichkeit sein, ohne Angst vor polizeilichen Übergriffen.
Gegen polizeiliche Gewalt und Willkür – Sankt Pauli hält zusammen!